Der Friedensforscher
1. Fragestellung
Das Gutachten geht von der globalen sicherheitspolitischen Lage und den für sie
relevanten Faktoren aus, um daraus die Anforderungen an eine Weltkarte abzuleiten und
schließlich die Frage zu beantworten, welche Projektion diese Forderungen erfüllt.
2. Sicherheitspolitische Lage
Die sicherheitspolitische Lage im letzten Viertel des 20. Jahrhunderts wird im Norden der
Erde noch von den geschichtlich gewordenen Strukturen der alten Welt mitbestimmt. Doch
gewinnen seit dem 2. Weltkrieg Faktoren an globaler Bedeutung, die ganz neue Situationen
schaffen bzw. erwarten lassen:
Die herkömmliche globale Raum-Mächte-Konstellation ist fast verschwunden. Der De-Kolonisierungs-Prozeß lief aus, ohne die Entwicklungsländer unabhängig von den Industriestaaten zu machen bzw. ohne bereits befriedigte Beziehungen im Süden zu schaffen. Im Gegenteil, der Entwicklungsprozeß bringt immer neue gesellschaftliche und zwischenstaatliche Konflikte mit sich; sie werden an Intensität und Zahl eher zu als abnehmen.
Der Gegensatz zwischen territorialer Souveränität unterworfener Landgebiete und größtenteils hoheitsfreiem Meeresraum beginnt sich in Richtung einer Aufteilung und Nationalisierung auch weiter Meeresgebiete aufzulösen. 2/3 der Erdoberfläche werden dadurch einer labilen Vielfalt konfliktträchtiger Ressourcenansprüche und Sicherheitsbedürfnisse unterworfen, deren Durchsetzung über die kommende globale Machtverteilung zwischen den Staaten mitentscheiden wird. Bestehende Allianzen werden in ihrem inneren Zusammenhalt erschüttert, und vertraute Konfliktkonstellationen verlieren ihre Bedeutung. Dieses erfordert eine globale, an multipolaren Zusammenhängen orientierte Neubestimmung der Interessen aller Beteiligten.
Das Ende der bipolar bestimmten Phase der Nachkriegszeit und das Ausscheren der früheren Kolonien aus der eurozentrischen Fremdbestimmung beginnen die Einsicht zu wecken, daß multipolare Strukturen das globale System wie die regionalen Subsysteme bestimmen und daß das Streben nach Sicherheit auch die Sicherheit der anderen Seite berücksichtigen muß.
Die politischen Entwicklungen in der Dritten Welt gewinnen an Eigendynamik und wirken in einer Welt zunehmender Interdependenz auf die Erste und Zweite zurück.
Mit der Verknappung der Erdvorräte steigt die Abhängigkeit der nördlichen Industriestaaten von den Rohstoffen und Energiequellen der Entwicklungsländer. Die Staaten der Ersten und Zweiten Welt stehen vor der Alternative, sich gemeinsam den notwendigen Zustrom offenzuhalten oder in scharfe Konkurrenz zu treten, d.h. sie stehen vor der Frage, ob sie diese Notlage kooperativ/konstruktiv als Nord-Süd oder aber konfrontativ als Ost-West Problem angehen.
Waffensysteme mit interkontinentalen Reichweiten und unvorstellbarer Zerstörungskraft lassen örtliche Konflikte zu regionalen eskalieren und drohen, auch indirekt beteiligte Staaten unversehens mit in militärische Auseinandersetzungen hineinzureißen. Damit läßt sich das sicherheitspolitische Interesse selbst der Klein und Mittelstaaten nicht auf die unmittelbare Nachbarschaft und die eigene Region begrenzen. Auch der Waffentransfer erhält neue Gefahrendimensionen; der Lieferant setzt sich dem Krisensog aus.
3.Sicherheitspolitik und Entspannung
Sicherheitspolitik wird mehr und mehr als Strategie einer auf Entspannung ausgerichteten
Gesamtpolitik verstanden; sie baut auf die Einsicht, daß nur ein überinternationales und
einigermaßen stabiles Gefüge partnerschaftlich kooperierender Mächte Verständigung und
gewaltfreien Konfliktaustrag, Abbau von Spannungen und Zusammenarbeit zu beiderseitigem
Nutzen ermöglicht. Hierfür ist eine entscheidende Voraussetzung, daß die
Kooperationspartner auch kartographisch unverzerrt in ihrer tatsächlichen Lage
wahrgenommen werden und daß diese Wahrnehmbarkeit bereits im Meinungsbildungsprozeß
bestimmenden Einfluß gewinnt.
4.Bedarf
Kartographische Grundlagen für die genannten Zwecke müssen folgende Anforderungen
erfüllen:
flächengetreue Wiedergabe aller Weltregionen einschließlich der Randgebiete;
wirklichkeitsgemäße Wiedergabe der Lage der Staaten und Kontinente zueinander;
Berücksichtigung aller für eine nüchternsachliche Analyse geographischer Faktoren erforderlichen Perspektiven;
annähernd zutreffende Wiedergabe von Entfernungen;
farblich sinnvolle Abstufungen;
klare und übersichtliche Gliederung, die nur die jeweils wesentlichen Informationen hervorhebt.
5.Urteil
Die vorliegende Karte (Peters-Projektion) erfüllt die gestellten Anforderungen. Sie ist
die mir derzeit am geeignetsten erscheinende Unterlage für eine sicherheitspolitische
Beurteilung aus globaler Perspektive. Für geostrategische Überlegungen kann die
Information durch die Peters-Karte mit Hilfe einer polzentrischen Darstellung ergänzt
werden.
Die Anwendung der Karte im politischwissenschaftlichen Bereich und in der
Erwachsenenbildung erscheint zweckmäßig.
Die anfangs notwendige Gewöhnungsphase ist von kurzer Dauer und schränkt die
Verwendbarkeit in keiner Weise ein.
Unterschrift
(Prof. Wolf Graf von Baudissin)
Direktor des Instituts für Friedensforschung
und Sicherheitspolitik
an der Universität Hamburg
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Datum der letzten Aktualisierung: 25. Januar 2001